Syrien + Libanon

Ok, irgendwann muss ich mich ja mal aufraffen und mich der Mammutaufgabe Reisebericht stellen 😉

syrien

Meine Route

Ich bin morgens um 9 von Istanbul aus nach Gaziantep geflogen, was in der Südtürkei nahe der syrischen Grenze liegt. Erstmal gab es die abstruse Situation das ich aus dem Flughafen, der wörtlich im Nirgendwo liegt und von ner Art Wüste umgeben ist, raus gekommen bin und das erste was ich höre war Beethovens 7. aus den Flughafen Lautsprechern. Nachdem ich die Verwirrung überwunden habe musste ich mich erstmal ne Runde durchfragen wie ich den nun nach Syrien komme, da nicht wie im Internet angekündigt ein Bus fuhr. Taxi also…. zum Glück musste noch jemand an die Grenze so dass ich mir die Kosten teilen konnte (Jedenfalls auf dem Hinweg…). Leider habe ich kein Foto davon schießen können aber die Partnerstadt von Gaziantep ist Duisburg, was in einer riesigen Blumenformation gepriesen wurde. Kommt komisch wenn man durch die Wüste fährt und auf einmal eine Blumenanlage sieht auf der groß und breit Duisburg steht, untermalt vom Duisburger Stadtwappen. Nachdem ich dann nach guten 45Min an der syrischen Grenze angekommen war musste ich ja auch irgendwie drüber. Ein auf den ersten Blick ganz normal aussehender Türke mit Auto bot sich an mich für 20$ rüber nach Aziz zu fahren, was der nächste Ort hinter der Grenze ist und laut Mitfahrer des netten Menschen „mehr als 50km“ von hier war. Ich hab ihn dann auf 15$ runter gehandelt, was mir allerdings nicht viel brachte denn als ich die Tür geschlossen hatte grinst er mich an, drückt aufs Gas und ruft mir „Ok, ok 20$“ zu, was ich erstmal nur grummelig hingenommen habe. Auf der anderen Seite des Niemandslandes, das mit Hinweisen auf Mienenfelder und diversen Reihen Stacheldrahtzäunen doch schon ganz furchteinflössend war, müssen wir erstmal wieder aus dem Auto raus um die Grenzkontrollen zu passieren. Als mein achso netter Fahrer in ein Gespräch mit nem Grenzer verwickelt wurde bin ich mal zu einem anderen „Taxi“ gegangen und wollte wissen was er haben wollte um mich rüber zu bringen. Die Antwort war schockierenderweise 8$, woraufhin ich mich einfach in ein anderes Taxi gesetzt habe. Mein erster Fahrer war davon allerdings so erzürnt das er mich erst 10Min im Auto auf türkisch, dann auf Arabisch ziemlich grimmig angeschrien hat, um dann meinen neuen Taxifahrer so sehr einzuschüchtern das der mich nicht mehr haben wollte und raus geschmissen hat. Nachdem ich dann durch den ganzen Trouble 10 Leute um mich rum hatte die mir alle gesagt haben das ich ja ausm Westen komme und die paar Dollar ja nicht der Rede wert sind, hat „mein“ Fahrer dann demonstrativ angefangen mit einem Messer zu spielen, womit er wahrscheinlich versuchte Eindruck zu schinden, was allerdings lächerlich rüber kam, da 5m weiter die türkischen Grenzer mit Gewehren standen. Am ende haben wir uns auf 15$ geeinigt und es konnte weiter gehen. Nach einigen kleine Minibusfahrten bin ich dann in Aleppo angekommen und habe mich mit meinen 5 Wörtern Arabisch zu meinem Hostel durchgefragt, was unglaublich war, denn als ein ca. 70 jähriger mich nicht verstanden hat und mir aber unbedingt helfen wollte, ist er kurzerhand aufgestanden und hat durch den ganzen Bus geschrien das doch bitte mal alle helfen sollen da der arme Deutsche nicht weiter weiß. Lange Geschichte, hat noch ne Stunde gedauert, aber zum Schluss wurde ich von 6(!) Syrern, die alle gebrochenes Englisch sprachen, zur Haustür meines Hostels gebracht, um sicherzustellen das ich ankomme! Das Hostel war so lala, lustig war allerdings das mich der Rezeptionist auf Deutsch angeredet hat, da er um die 7 Sprachen spricht, was sehr überraschend war da ich in Syrien sonst nur wenige Leute getroffen habe die überhaupt Englisch sprechen. Verwirrend ist erstmal das syrische Geld, da der Eurpäer an sich ja erstmal denkt das wir in unserem Kulturkreis arabische Zahlen benutzen. Is irgendwie auch so, aber trotzdem benutzen sie komplett andere Zahlen, die man erstmal lernen muss. Nach ein paar Stunden und einigen Shawarmas (Syrischer Döner), hab ich mich dann mit Angelique getroffen, die ich vor gut 2 Monaten über Freundesfreunde in Istanbul kennen gelernt hatte. Sie ist Syrerin, wohnt in Aleppo und hatte mir schon vorher geschrieben ich solle mich melden wenn ich da bin. Das unglaubliche war das sie den Besuch anscheinend um einiges mehr durchgeplant hatte als ich, d.h. sie hat für die Tage in Aleppo eine Art Sehenswürdigkeitsliste und ein Ausgehprogramm angefertigt. Am Abend der Ankunft waren wir in der Bar des Aleppoer Sheraton Hotels, was ziemlich dekadent aussah, aber komischerweise billiger war als die Istanbuler Bars um die Ecke. Am nächsten Tag hab ich mir die Altstadt und die Zitadelle angeguckt, sehr beeindruckend, vor allem wenn man sich für mittelalterliche Geschichte interessiert – die Zitadelle ist echt riesig.

Abends bin ich dann wieder mit Angelique, mit der ich mich nach Arbeitsschluss getroffen habe ausgegangen. Wir waren auf einem Fest der armenischen Gemeinde von Aleppo, das sie mit organisiert hatte. Das war Freitag, und so diktatorisch Syrien auch ist, nach dem Fest sind wir mit ein paar anderen Leuten von der Party mit Bier in der Hand in eines der drei in Syrien existierenden Kentucky Fried Chicken gegangen und haben an einem Freitag(!) Abend in einem Arabischen Land in der Innenstadt gefeiert… Sehenswerte Situation. Überhaupt ist Aleppo sehr speziell, da es relativ viele Minderheiten gibt und die Stadt eine lange christliche Geschichte hat, so das neben jeder zweiten Moschee eine Kirche steht, was dem Stadtbild sehr zuträglich ist. Die nächsten Tage hab ich mir einige Sehenswürdigkeiten um Aleppo angeguckt, unter anderem St. Simeon, eine alte Kirchenruine die um eine Säule errichtet wurde auf der der heilige Simon angeblich 40 Jahre gebetet hat ohne sie zu verlassen… Dorthin hat mich Angelique gefahren und den Touriführer gemacht, danach haben wir im Restaurant nebenan für 3 Euro Nargile (Wasserpfeife) geraucht und gut gegessen. Am nächsten Tag ging es dann weier mit der Tour, ich habe mich wahrscheinlich peinlich oft bedankt, da mich ihre Perfektion als Gastgeberin wirklich überweltigt hat.

Der Weg nach Damaskus war relativ unkompliziert, es war zwar eine 6 Stunden Busfahrt, aber der Preis von 5€ hat entschädigt, und das Land hab ich auch gesehen, da Aleppo und Damaskus fast auf den entgegengesetzten Seiten des Landes liegen. In Damaskus hat es wieder einige Zeit gedauert bis ich mein Hostel gefunden hatte, was eigentlich gar keins war, sondern 3 Zimmer die der Besitzer als Hostel ins Internet gestellt hatte. Trotzdem sehr gut, mit eigener Dusche, super sauber und mit Fernseher. Damaskus an sich ist erstmal komplett anders als Aleppo. Die oben beschriebene Interreligiösität gibt es zwar in gewisser Weise auch, aber die Stadt ist doch deutlich arabischer als Aleppo. Ausserdem sieht man Hafez, den Vater vom momentanen Präsidenten Bashar al Assad wesentlich häufiger als im Norden, genauso wie angesprühte Wände auf denen dick und fett das Hisbollah Logo prankt. In meinem Hostel hab ich dann auch Benjamin, einen Medizinstudenten aus Marburg kennen gelernt, mit dem ich mich von Anfang an gut verstanden habe. Noch am gleichen Abend bin ich dann auf den großen Souq (Bazar) gegangen. Ich hatte es mir total anders vorgestellt, denn wo man in Istanbul quasi penetrant gezerrt wird mit Sprüchen wie „My friend, special offer for you“ wartet der Damazener doch deutlich länger bis er einen dann anspricht und ist generell um einiges beherrschter beim Verkaufen, aber vielleicht liegt das auch daran das es dort weniger Touristen gibt. Die Altstadt ist wunderschön. Im Zentrum liegt die große Umayyid Moschee, in der Johannes der Täufer begraben liegen soll, direkt daneben liegt das Grab von Saladin(!), und der Name der Hauptstrasse (Via Recta), lässt keinen zweifel zu wer das Stadtbild der Stadt neen den Arabern sonst noch so geprägt hat. Damaskus ist die weltweit am längsten kontinuierlich besiedelte Stadt ca. 8.000-10.000 Jahre). Am nächsten Tag habe ich mich mit Maria getroffen, einer Freundin von Angelique (die mir sogar eine syrische Sim-Karte gegeben hatte). Mit ihr verhielt es sich ähnlich wie mit ihrer liebenswerten Freundin aus Aleppo, sie hat mich herum geführt, mich ihren Freunden vorgestellt und mir zwanghaft alles bezahlt was wir gegessen haben. Für sie ist die Stadt zwar auch noch ein bisschen fremd, da sie in London aufgewachsen ist, aber an Plätze die ich von alleine nicht gefunden hätte hat sie mich trotzdem geführt. Krass war noch das Erlebnis das ich in der Altstadt hatte, da ich ja nur dank religiöser Feiertage überhaupt frei hatte. Wie in der Türkei auch, wird hier ein Schaf geopfert. Ich bin versehentlich in eine solche Schächtungsorigie hinein gelaufen und habe um die 10 Schafe in 15 Minuten verbluten sehen. Nach zwei Stunden bin ich zufällig wieder am gleichen Ort vorbeigekommen, und man immer noch beschäftigt.

Nach einer kleinen Pause am nächsten Tag bin ich nach Palmyra gefahren, eine alte Römerstadt mitten in der Wüste. Die Fahrt war lustig, der Bus mit dem ich gefahren bin hatte eine in manchen Teilen gesplitterte Windschutzscheibe und musste öfters anhalten da das Gepäckfach aufgegangen war und Gepäck auf die Strasse gefallen ist. Unbehaglich wurde es mir als ich meinen Pass abgegeben hatte und ich bei der Rückgabe durch den Busfahrer, zum Mittelpunkt des Busses wurde da mein Vorname nun mal jüdisch ist und ich ziemlich böse angegafft wurde bis der Fahrer das ganze gecheckt hat und, „Mr. Reiner from Germany“ hinzufügte. Überhaupt wurde ich ziemlich oft darauf angesprochen wenn ich meinen Namen sagte, genauso wie bei allen Passkontrollen immer geguckt und mehrmals gefragt wurde ob ich schon mal im „okkupierten Palästina“ war. Israel wird bis heute nicht anerkannt, die einzige Grenze die die beiden Länder haben sind die berühmten Golanhöhen… Anyways – Angekommen in Palmyra habe ich mich mit zwei Malaysiern zusammen getan um zu den Ruinen zu kommen. Mit den beiden habe ich den Rest des Tages verbracht, was ziemlich lustig war, denn wann immer sie gefragt wurden wo sie her kommen, sagten sie einfach pauschal China, weil sie das Gespräch wo Malaysia denn nun liegt ziemlich satt hatten. Palmyra an sich war ziemlich enttäuschend, da die einzige Restauration der Ruinen darin bestand eine alte Mauer wieder aufzubauen, damit man Eintrittsgelder verlangen kann. Wenn man so durch die Wüste schlendert, und ich meine wirklich Wüste, man fühlt sich wie in der Sahara, mit 23° im Dezember, tritt man hin und wieder auf irgendwelche Steine die so auf dem Boden liegen. Bei genauerem hinsehen stellt man dann fest das sie mit Reliefs überhäuft sind und in Europa garantiert in einem Museum lägen. Ein Highlight der ganzen Reise passierte dann aber auf der Burg die über der „Stadt“ thronte: nichts ahnend kroch ich durch die Gänge der Festung um irgendwann auf einem Plateau zu stehen und nur ein laut kicherndes „Hoi hoi Mr. Reineeeeeer“ höre. Als ich mich verwundert umdrehe steht Tessa, meine Kommilitonin, quasi Nachbarin und Freundin aus Istanbul vor mir und lacht sich einen ab. Ich hatte den Abend vor meinem Flug bei ihr und ihrem Freund Hendrik verbracht (wie so viele Abende) und mitbekommen das sie mit einer 5köpfigen Gruppe nach Zypern fliegen wollten um sich dann evtl. nach Hatay in der Südtürkei überzuschiffen. Das ganze sah dann so aus das sich ein Teil der Gruppe abgespalten hat und tatsächlich nach Hatay ist, von wo aus sie über die Grenze nach Syrien sind um dann ebenfalls nach Damaskus zu fahren. Leider haben wir uns nur 5Min unterhalten da ich eine Bus erwischen musste und die Holländer in Palmyra geblieben sind (für was auch immer, mehr als nen Tag braucht man da echt nicht). Ihre Planung ließ es auch nicht zu das wir uns nochmal sehen, trotzdem war es sehr… wunderlich. Verwirrt und Müde bin ich dann wieder zurück nach Damaskus gefahren um wie ein Stein ins Bett zu plumpsen. Am letzten Tag habe ich mich wieder mit Maria getroffen und nochmal eine kleine Stadttour gemacht, bevor es dann mit Benjamin und zwei Freundinnen von ihm, einer Australierin und einer Leipzigerin, nach Beirut ging. An der Libanesischen Grenze gab es dann schon wieder Probleme weil jemand behauptete ich hätte eine Seite aus meinem Pass herausgerissen, was dem Zweck diente meinen Aufenthalt im okkupierten Palästina zu verschleiern. Außerdem musste ich Visagebühren bezahlen, obwohl ein Aufenthalt von 48 Stunden oder weniger für umsonst ausgeschildert war… In Beirut angekommen hat es wie immer ne gute Stunde gedauert bis wir unser Hostel gefunden hatten, was wiederum sehr komisch war da die Wohnung in der wir untergebracht waren sowohl permanent als auch temporär vermietet wurde, so das neben den 5 Belgierinnen auf Durchreise, auch ein Amerikaner aus Maine dort wohnte, der anscheinend dort lebte. Am ersten Tag verlief alles ganz nett, die Stadt an sich ist ein krasser Kontrast zu Syrien. Überall gibt es westliche Restaurants und Geschäfte, so gut wie jeder spricht mindestens 2 Sprachen (Arabisch und Französisch, meist auch noch Englisch), die Innenstadt sieht eins zu eins aus wie Südfrankreich oder Italien. Auf einer Art Weihnachtsmarkt haben Kinder französische Lieder gesungen und um einen Weihnachtsbaum getanzt. Das war das weihnachtlichste was ich das ganze Jahr gesehen habe. Alles ist heraus geputzt und sauber, wenn da nicht die permanenten Kontrollen durch schwer bewaffnete Soldaten wären und man gelegentlich Einschusslöcher vom letzten Krieg mit Israel in alten Häusern sehen würde, würde man wirklich denken man wäre in einem Touriort in Südeuropa. Schon alleine wegen der wirklich prächtigen Moscheen und Kirchen wird die Stadt an Kosmopolitismus von nichts in der Gegend übertroffen, wobei sie allerdings auch ein Preisniveau wie Frankfurt hat. Beeindruckt von der westlichkeit haben wir dann auch in einem echt gehobenen Restaurant in der Innenstadt gegessen und für ein Essen soviel ausgegeben wie für eine ganze Wochenverpflegung in Syrien (20 €). Von da an ist die Geschichte allerdings schnell zu Ende, da ich in meinem Übermut in Beirut eine Creme Brulet gegessen habe, die mir jetzt noch schwer im Magen liegt. Angefangen hat alles mit Übelkeit, Durchfall und Fieber, was mich dazu zwang den zweiten Tag in Beirut im Delirium im Bett zu verbringen und in einem wirklich erbärmlichen Zustand zurück nach Aleppo zu reisen, von wo aus ich wieder über die Grenze nach Gaziantep und dem dortigen Flughafen wollte. Die Reise nach Aleppo war mal abgesehen von der echt nervige Grenzkontrolle geprägt von Schlaf und Paracetamol. Dort angekommen war es mir echt peinlich das Treffen das Angelique mit 20 ihrer Freunde organisiert hatte so unbeteiligt wieder zu verlassen, aber ich musste einfach schlafen. Am Sonntag bin ich dann mit einem Taxi (eine andere Möglichkeit wusste auch Angelique nicht) direkt zum Flughafen, sprich wieder in die Türkei gefahren, um dann Am Sonntag Abend wieder im trauten Heim in Istanbul an zu kommen, immer noch fiebrig und echt kaputt, wegen der Krankheit auch seit 72 Stunden nichts gegessen. Nachdem ich dann hier noch zwei Tage im Bett gelegen habe und es nicht besser wurde bin ich dann zum Arzt und habe neben drei anderen Medikamenten, ein Mähdrescher Antibiotikum bekommen, das ich nun zwei Wochen genommen habe und das gut geholfen hat. Das war die sehr sehr kurze Version, ich habe Anekdoten bis an mein Lebensende auf Lager, trotz der Krankheit hat es wirklich unglaublich viel Spaß gemacht und ich kann es nur wärmstens empfehlen, ich habe echt noch nie solche freundliche Menschen getroffen. Weihnachten, der Besuch meiner trauten Freunde aus Deutschland sowie Silvester folgen demnächst…

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